Im Anschluss an die Lofoten machten wir uns auf den Weg Richtung Engeløya. Mit der Fähre ging es dann von Lødingen über den Vestfjord nach Bognes. Nachdem wir von der E6 abgebogen und am Sagfjorden entlang fuhren, wurde es immer einsamer auf der Straße. Plötzlich stand am Wegesrand im Gebüsch ein junger Elch und starrte uns an – wir starrten einfach zurück, so überrascht waren wir.

Um auf die kleine Insel Engeløya zu gelangen, fährt man über eine hohe einspurige Brücke und im Anschluß über einen ebenfalls einspurigen Damm. Das sind ein paar hundert Meter wirklich schöne Fahrt über das Wasser – immer in der Hoffnung, dass niemand entgegen kommt. Die Insel ist ein kleines Naturparadies und wer Ruhe und Erholung sucht, ist hier genau richtig. Wir trafen auf nur wenige Autos und fanden einen sehr schönen Platz, nur wenige Meter von einem breiten, langen Strand entfernt. Der Sand dort sah aus wie Puderzucker! So etwas hatten so hoch im Norden nicht erwartet. Von hier aus konnten wir auf der anderen Seiten noch die zackigen Kanten der Lofoten sehen.

Abends machten wir noch ein Feuer in unserer klappbaren Feuerschale. Wir saßen bei milden Temperaturen noch lange im Freien. Ein Norweger, der mit seiner Familie auch auf dem Platz stand, interessierte sich für unsere besondere Feuerschale und so kamen wir ins Gespräch. Er stammt aus Stavanger und war dann über Oslo und Schweden nach Finnland gefahren. Danach hatte er fast die gleichen Orte angesteuert wie wir. Und nun trafen wir uns auf dieser winzigen Insel – die Welt ist manchmal doch klein. Den nächsten Tag umrundeten wir den Rest von Engeløya und fuhren dann am Sagfjorden entlang wieder auf die E6. 

Engeløya

Als nächstes Ziel hatten wir den Rago Nationalpark auserkoren. Dieser Abschnitt war landschaftlich sehr reizvoll. Von der tunnelreichen Strecke hat man immer wieder schöne Blicke auf die Fjorde, fährt durch Wälder, vorbei an klaren Seen, Wasserfällen und über kleine Fjelle. 

Der Rago Nationalpark bildet zusammen mit den schwedischen Nationalparks Padjelanta, Sarek und Storasjöfall das größte zusammenhängende Naturschutzgebiet Europas – 5.700 Quadratkilometer eiszeitlich geprägte Landschaftsformen. Wir zogen unsere Wanderstiefel an und machten uns auf den Weg zum Litlverifassfossen. Der erste Teil des bewaldeten Weges – insgesamt 5,5 Kilometer – war ziemlich steil und es ging zügig bis auf über 300 m hoch. Dann wurde es karger und felsiger, so dass wir teilweise klettern mussten.

Als wir dann über die letzte Felskuppe kamen war der Anblick überwältigend. Auf der einen Seite lag der riesige See mit dem 250 Meter in die Tiefe stürzenden Wasserfall. Auf der anderen Seite die tiefe Schlucht mit dem geschlängelten Flussverlauf und den schneebedeckten Bergkuppen im Hintergrund. Wir fühlten uns wie in Mittelerde in „Der Herr der Ringe“. Der Litlverifassfossen ist der größte Wasserfall im Rago Nationalpark und wird aus dem 4 Quadratkilometer großen Bergsee gespeist. Dieser See lag jetzt ruhig und glatt vor uns. Glasklar und die Wolken spiegelten sich darin. Rundherum die kargen Felsen und das Tosen des Wasserfalls – ein fast mystischer Augenblick.

Einige Wanderer waren mit Rucksack und Zelt bepackt. Über den Wasserfall führte eine Hängebrücke und man konnte den See umrunden und irgendwo in den Felsen übernachten. Wir machten uns jedoch wieder auf den Weg nach unten, um ein weiteres, tolles Abenteuer reicher.

Rago Nationalpark

Und das nächste ließ nicht lange auf sich warten – am Saltstraumen. Auf der Küstenstr. 17 überquerten wir die unter Denkmalschutz stehende Saltstraumenbrücke und gingen zum nur 150 Meter breiten Sund zwischen den Inseln Straumøya und Knaplundøya. Hier sahen wir kleine Verwirbelungen im Wasser. Naja, nett aber wir hatten uns mehr erhofft.

Der Saltstraumen ist der stärkste Gezeitenstrom Norwegens und zählt zu den 5 stärksten weltweit. Mit Geschwindigkeiten bis zum 40 km/h tost das Wasser durch den knapp 3 Kilometer langen Sund vom Saltfjord in den Skjerstadfjord und bei ablaufendem Wasser zurück. Die Strudel können Durchmesser von 10 Metern erreichen. Nur bei Hochwasser oder Niedrigwasser liegen die Wasser glatt.

Wir hatten Atlas unter der Brücke geparkt und machten uns gerade Abendbrot, da hörten wir plötzlich ein lautes Getose. Wir gingen zurück zum Sund und dann sahen wir gewaltige Strudel. Das Wasser wurde beim Ablaufen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit durch die kleine Öffnung gesogen. Wir wurden nicht müde, dieses andauernde Spektakel anzusehen. Sportfischer hoffen inmitten der Strudel auf einen guten Fang und Raftingboote fahren direkt hinein wegen des Nervenkitzels. Wir jedoch saßen fast 2 Stunden da und genossen dieses Naturphänomen. Zusammen mit einem netten Paar aus den Niederlanden, die wie wir mit ihrem Wohnmobil längere Reisen unternehmen und bleiben, wo es ihnen gefällt. 

Saltstraumen

Die Hafenstadt Bodø ist die Hauptstadt der nordnorwegischen Provinz Nordland und liegt auf einer Halbinsel zwischen Vest- und Saltfjord. Wir bummelten am sehr belebten Hafen umher – über Fischerboote, Sportboote, Yachten laufen hier auch Fähren zu verschiedenen Zielen ein und aus. Ein Kreuzfahrtschiff lag am Pier und wir konnten eines der ältesten Hurtigrutenschilffe, die „Lofoten“, beim Einlaufen beobachten. 

Bodø

Nachdem wir erstmal genug von vielen Menschen hatten, ging es wieder in die Natur. Bis nach Kjellingstaumen. Dort steuerten wir einen kleinen Campingplatz an. Die große Wäsche war wieder fällig und eine Grundreinigung für Atlas auch.

Nach getaner Arbeit erkundeten wir ein wenig die Umgebung. Der Platz lag direkt an einem Fjord. Wir trafen den 82-jährigen Ole, einen seit 40 Jahren treuen Norwegenreisenden und haben von ihm erfahren, dass es hier jedes Jahr einen Angelkönig gibt. Aktuell belegte er den ersten Platz. Der Fjord lag in der Abendsonne ganz glatt vor uns.

In dem Moment tauchte ein Junge mit einer Angel auf, stelle sich auf den kleinen Bootssteg und warf die Angel gekonnt im hohen Bogen aus. Ein schönes und sehr berührendes Bild. Wir wünschten ihm viel Glück und wollten gerade gehen, als er rief: „Fisch – ich habe einen Fisch“.  Leon, der aus Belgien stammt, fing in kurzer Zeit 2 Fische – ein Naturtalent und ein sehr netter und aufgeschlossener Junge, wie wir dann feststellten. 

Kjellingstraumen

Der Nationalpark Saltfjellet-Svartisen, geauer der Svatisen Gletscher, sollte unser nächstes Ziel werden. Also weiter auf der landschaftlich schönen und abwechslungsreichen Küstenstraße 17. Der Saltfjellet-Svartisen gilt als der abwechslungsreichste Nationalpark Norwegens. Vom Nordfjord, an der vom Golfstrom erwärmten Küste, schwingt sich das 2.100 Quadratkilometer große Gelände hinauf zum Plateaugletscher Svartisen. „Schwarzeis“ ist mit 360 Quadratkilometern der zweitgrößte Gletscher Norwegens. Östlich der Eismassen setzt sich der Nationalpark fort in den fruchtbaren Flusstälern und eisigen Hochgebirgslandschaften des Saltfjellet, des „Salzberges“.

Wir steuerten abends einen Rastplatz an, von dem aus wir direkt und voller Vorfreude auf den Engabreen blicken konnten. Engabreen ist einer von 60 Ausläufern des Svartisen und diejenige Gletscherzunge, die auf Europas Festland am weitesten ins Meer hinabreicht. Sie endet ca. 180 m über dem Meeresspiegel und zieht sich von Jahr zu Jahr mehr zurück. 

Nach einem frühen Frühstück marschierten wir zur Fähre, die uns über den Holandfjord brachte. Von dort sind es 3,5 km Fußweg und dann nochmal 1 km, um 200 Höhenmeter Aufstieg bis zur Gletscherzunge zu überwinden. Während wir den Fußweg noch in T-Shirt absolvierten, war es dann am Fuß des Gletschers schon erheblich windiger und kühler. Aber welch ein Gefühl, dann dort vor dieser gewaltigen Eismasse zu stehen, die in einer tiefen Blaufarbe, in türkis oder transparent schimmerte. Vom Rastplatz aus schätzten wir die Höhe der Eisdecke nicht einmal halb so hoch ein, wie sie dann in Wirklichkeit war. Die Sonne schien und es tropfte unaufhörlich an den Eisbrocken herunter. Der Gletscherarm ist in ständiger Bewegung und es brechen auch Blöcke ab, er „kalbt“. Diese Eisblöcke wiegen oft mehrere Tonnen.

Eine Gruppe, verpackt in dicken Jacken, mit Helmen und Eispickeln machte sich zu einer geführten Gletscherwanderung auf. Wir kletterten noch höher, um das Ausmass der Gletscherzunge vor weiter oben betrachten zu können. Einfach gigantisch! Voller atemberaubender Eindrücke und mit Respekt vor dieser verletzlichen Natur machten wir uns auf den Rückweg. Mit einem Kaffee und einer Waffel, auf der Terrasse des Rasthofes Brestua, warfen wir einen letzten Blick auf den Gletscher. Zwei von den Stuben im Brestua sind nach berühmten Besuchern des Gletschers benannt. Dieses waren Friedtjof Nansen und Kaiser Wilhelm II. 

Svartisen Gletscher Engabreen

Entlang auf der E 17