Alentejo-Küste und die Westalgarve

Die Westalgarve und die Alentejo-Küste zählen wohl zu den schönsten Küsten Europas. Nahezu unberührt vom Tourismus reihen sich wildromantische Sand- und Felsstrände und atemberaubende Steilküsten wie Perlen aneinander. Auf einer Länge von über 100 Kilometern erstreckt sich die naturbelassene Küste im Naturschutzgebiet ‚Parque Natural do Sudoeste Alentejano e Costa Vicentina’. Türkisfarbenes Meer, Traumstrände, Wind und Wellen sowie ein sensibles Ökosystem mit artenreicher Flora und Fauna bieten unendlich viele Möglichkeiten für Aktivitäten und zum Erholen.

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Praia do Castelejo / Torre de Aspa

Wir fahren an der Atlantikküste entlang nun in nördlicher Richtung und erreichen über eine sehr schmale und kurvenreiche Asphaltstraße unser nächstes Ziel ,Praia de Castelejo’.

Der von bis zu 140 Meter hohen Schieferwänden begrenzte Sandstrand ,Praia de Castelejo’ ist Teil eines besonders wilden und schroffen Abschnitts der Costa Vincentina. Uns zeigt sich ein wunderschönes und sehr kontrastreiches Farbenspiel. Der helle Sandstrand, die verschiedenfarbigen bizarren Felsformationen, der blaue Himmel und über 2 Meter hohe Atlantikwellen, die auf den Strand zurollen oder sich an den Felsen brechen. Das Wasser ist noch zu kalt für Badegäste, aber es sind ideale Bedingungen für zahlreiche Wellenreiter. Es macht sehr viel Vergnügen ihnen zuzusehen und wir fangen einige von ihnen auf den Wellen reitend im Foto ein.

Wir entdecken auf dem nahen Rastplatz einen Wegweiser, der uns neugierig macht: ,Torre de Aspa’. Ein Obelisk markiert hier den höchsten Punkt der Westalgarve mit 156 m ü.M., am Kap Cabo de São Vicente.

Der Weg über die staubige Sandstraße erscheint uns zu eintönig und so gehen wir bergauf- und bergab über kleine Trampelpfade. Vorbei an Pinienwäldern, durch blühende und herrlich duftende Strauchlandschaften. Hin und wieder treffen wir auf Rinder oder Ziegen.

Oben auf der 156 Meter hohen Anhöhe befinden sich noch die Ruinen eines Wachturms und natürlich der Obelisk. Wir geniessen die fantastische Aussicht auf die Küste von Sagres bis zum Cabo de São Vicente.

Zurück am Rastplatz sind wir insgesamt 9 km gewandert. Beim Sandweg wären es nur 5 km gewesen. Wir finden jedoch, dass sich unser Umweg gelohnt hat.

Praia de Bordeira

Drei Kilometer Sand, Dünen bis an den Horizont, steile Klippen und eine Dünenlandschaft, in der bunte Miniblümchen und Grasnelken aus dem Sand sprießen. Die ,Praia de Bordeira’ an der Westalgarve ist ein Bilderbuchstrand. Das ist unser Eindruck, als wir oben auf der Klippe stehen. Eine Holztreppe führt nach unten in die Bucht, die fast menschenleer ist.

Einige Surfer sind im Wasser und eine Gruppe einer Surfschule wird unterrichtet. Zuerst Trockenübungen an Land, anschließend die ersten Versuche im Wasser. Angler werfen ihre Leinen von den teils 80 m hohen Klippen ins Wasser. Das sieht nicht ungefährlich aus und es stehen auch Warnschilder dort. Und trotzdem: jedes Jahr kommen Menschen, die sich zu weit an den Rand vorgewagt haben, zu Tode.

Am anderen Ende der Bucht haben sich, trotzdem die Sonne scheint, Nebelbänke über dem kalten Atlantik gebildet und ziehen landeinwärts. Dies verleiht der Bucht etwas Mystisches.

Praia de Odeceixe

An der Grenze zwischen Algarve und Alentejo liegt eingerahmt von hohen Felsenklippen der ,Praia de Odeceixe’. Wir parken auf einem großen unbefestigten Sandparkplatz oberhalb der Klippen mit nur wenigen anderen Wohnmobilen und Autos. Der Weg zum Strand hinunter ist nicht sehr weit und vor uns breitet sich ein weites, menschenleeres Sandareal aus. Ein Fluss, die ,Ribeira de Seixe’, mündet hier in den Atlantik. Familien mit Kindern planschen am ruhigen Flussufer im wärmeren Wasser, während sich die Surfer in die Wellen des Atlantiks stürzen. Ebbe und Flut machen hier einen riesigen Unterschied. Bei Ebbe sind wir über den Strand in die nächste Bucht gelaufen, die bei Flut ist dann komplett überflutet ist.

Zambujeira Do Mar

Goldgelbe Sandbuchten zwischen steilen Küstenklippen und auf dem Klippenrand weiß getünchte Häuser. Das beschreibt das ehemalige Fischerdorf ,Zambujeira do Mar’, dessen Lage an Schönheit und Orginalität kaum zu übertreffen ist.

Aus diesem Grund hat der Tourismus das kleine Städtchen in den Sommermonaten fest im Griff. Wie schön, dass wir jetzt in der Vorsaison hier sind. Es herrscht eine eher verschlafene und entspannte Atmosphäre in den aufs Meer zuführenden Gassen. Die meisten Hotels und Restaurants sind noch geschlossen. Selbst am schönen Strand sehen wir nur eine Handvoll Menschen.

Wir bummeln durch den kleinen beschaulichen Ort und schauen zu wie die Wellen tosend gegen die Klippen peitschen. Am späten Abend geniessen wir einen fantastischen Sonnenuntergang.

Santiago do Cacém

Wir machen nun einen Abstecher ins Hinterland des Alentejo und besuchen als erstes die kleine Stadt ,Santiago do Cacém’. Sie ist Sitz des gleichnamigen Kreises. Hier beginnt die Rota Vicentina. Sie ist eine ,Grande-Randonneé-Wanderroute’ zwischen Santiago do Cacém und dem Cap São Vicente im Südwesten Portugals. Der Weg umfasst insgesamt 350 km und führt in 12 Etappen meistens auf landwirtschaftlichen Pfaden durch das Hinterland mit schönen Berglandschaften, Flüssen und Tälern.

Santiago do Cacém hat ca. 7500 Einwohner und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Schon in der Römerzeit gewann sie an Bedeutung, da sie an der Römerstrasse zwischen Lissabon und der Algarve lag. Der Hauptort liegt rund um einen Berg mit einer Burgruine. Wir schlendern durch den historischen Ortskern und finden viele schöne aber auch teilweise verfallene Häuser. Wir finden an einem alten Gebäude den Hinweis, dass das erste Auto 1895 in Portugal dem Conde de Avillez gehörte, der hier in Santiago residierte.

Ein Wahrzeichen des Ortes ist die ,Igreja Matriz’, die in besonderer Verbindung zu dem Wallfahrtsort ‚Santiago de Compostela‘ in Spanien steht. Sie ist eine Station des portugiesischen Jakobswegs. Die Kirche ist sehr gut erhalten, ebenso die Mauern der Burg, in denen man einen Friedhof angelegt hat.

Wälder aus Korkeichen, dem Wahrzeichen des Alentejo, bestimmen das Landschaftsbild auf unserer Route nach Alcácer do Sal. In Portugal wachsen auf einer Fläche von 736’000 Hektaren Korkeichen, was Portugal zu einem der grössten Korkproduzenten der Welt macht. Im Alentejo ist die mediterrane Korkeiche ,Quercus Suber’ heimisch und versorgt das Land mit fast 190’000 Tonnen geerntetem Kork jährlich. Dies entspricht etwa 50 % der Weltproduktion.

Ca. 20 Jahre alt müssen die Korkeichen sein ehe die Rinde erstmals geschält werden darf.  Der Korkeichenwald prägt nicht nur das Landschaftsbild, sondern ist für die lokale Wirtschaft unverzichtbar und für die Humusbildung essenziell. Er fördert ein Ökosystem von außergewöhnlicher Artenvielfalt. Da die Korkeiche ganzjährig Blätter trägt, ist der Korkeichenwald Refugium und Nahrungsquelle für zahllose Insekten und Spinnentiere und begünstigt ein Ökosystem, das eine reichhaltige Nahrungskette bildet.

Alcácer do Sal

Unser nächster Stopp ist in Alcácer do Sal. Das kleine Städtchen liegt am Ufer des Rio Sado, der einige Kilometer weiter westlich ins Meer mündet. Alcácer do Sal hat es durch seine prädestinierte Lage in der Vergangenheit zu viel Wohlstand gebracht. Auf der Wasserstraße wurden die inländischen Produkte wie Weizen, Wein und Olivenöl an die von Rom besetzten Orte des Mittelmeerraumes transportiert.

Oberhalb des Ortes, 60 m über dem Meeresspiegel, liegt das in maurischer Militärarchitektur errichtete Castelo de Alcácer do Sal. Begehrt war der Ort schon lange bevor die Mauren ab dem 8. Jh die Burg befestigten und sie bis ca. 1217 gegen die christlichen Heere verteidigen konnten.

Spuren römischer und sogar phönizischer Niederlassungen weisen auf eine lange Besiedlungsgeschichte hin. In der ,Cripta Archeológica’ und in einem Museum unterhalb der Burg, lässt sich Jahrtausend für Jahrtausend beeindruckend nachvollziehen. Die Burg selbst dient heutzutage als komfortable ,Pousada’ (Hotel/Pension).

Wir finden einen schönen Platz für ,Atlas’ mit Blick auf den Rio Sado und machen uns auf den Weg. Wir gehen über die Fussgängerbrücke, schlendern durch die Gassen des kleinen Ortes und dann hoch zum Castelo. Von hier oben schweift unser Blick in alle vier Himmelsrichtungen über wunderbare Panoramen des Flusses und der Felder. Beim Besuch des Museums und der Cripta Archeológica schauen wir uns fasziniert und in aller Ruhe die Dinge aus der Vergangenheit an. Wir sind die einzigen Besucher. Auch sonst geht es in Alcácer do Sal sehr gemächlich und gemütlich zu. Eile kennt hier scheinbar niemand.

Den Abend genießen wir im Freien am Ufer des Rio Sado und schauen zu, wie nach und nach die Lichter des Ortes angehen. Die Brücke und die Burg spiegeln sich im Fluss und erschaffen ein fantastisches Panorama.

Évora

Noch etwas weiter im Landesinneren liegt die Studentenstadt Évora, deren historischer Stadtkern 1986 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Mit etwa 57.000 Einwohnern ist sie die größte Stadt im Alentejo und Hauptstadt des gleichnamigen Distrikts.

In der historischen Innenstadt prägen großartige Baudenkmäler verschiedener Epochen das Stadtbild. Es gibt wunderschöne Gassen mit Bürgerhäusern aus dem 16./17. Jh, überwiegend in den Farben weiß und gelb, sowie zahlreiche Kirchen und Brunnen.

Évora blickt auf eine 2000-jährige Geschichte zurück. Am höchsten Punkt der Stadt steht der ,Templo Romano’, die Reste eines römischen Tempels, der wohl um das erste nachchristliche Jahrhundert errichtet wurde. Dahinter gibt es einen kleinen Park, von dem aus wir einen schönen Blick von oben auf die Gassen werfen können.

Sehr beeindruckend ist die aus dunklem Granit errichtete Sé Catedral de Évora, deren Bau im 12. Jh nach erfolgreicher Vertreibung der Mauren begonnen wurde. Beendet wurde der größte Kirchenbau Portugals im 14. Jh und eine Besonderheit ist ein achteckiger Glockenturm. Im Innenraum strahlen die Proportionen des langen, schmalen und sehr hohen Kirchenschiffs, der schlichte Kreuzgang und der mit Marmor verkleidete Altarraum eine wohltuende Harmonie aus. Von der Terrasse über dem Kreuzgang haben wir einen schönen Ausblick über Évora und sehen uns weitere Architekturdetails dieses monumentalen Bauwerks an.

Ein weiteres bedeutendes Gotteshaus ist die ,Igreja e Mosteiro de São Francisco’. Ursprünglich als Kloster und Kirche des Heiligen Franziskus Ende des 15. Jh erbaut, ist heute vom Kloster nur noch ein Teil des Kreuzgangs übrig. Die Kirche hat ein breites, pfeilerloses Mittelschiff und das höchste Kreuzrippengewölbe gotischer Baukunst, das es in Portugal gibt.

Berühmt ist sie aber auch durch die makabre Seitenkapelle mit Wänden aus echten menschlichen Schädeln und Knochen. Die kleine Kapelle heißt Capela dos Ossos, die Knochenkapelle. Sie wurde im 17. Jahrhundert von Franziskanermönchen erbaut, um durch optische Einwirkung zum Nachdenken anzuregen über die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens. Über dem Eingang der Kapelle hängt folgende Botschaft: „Nós ossos que aquiestamos, pelos vossos esperamos“ ( „Wir, die hier versammelten Gebeine, warten auf die Euren“). Am Ausgang der Kapelle befindet sich – als Gegenpart – ein Fliesen-Paneel, das dem Tod das Wunder des Lebens gegenüberstellt.

Danach besuchen wir noch das Museum, dessen Zentrum im alten wieder hergestellten Schlafsaal der Mönche eingerichtet wurde. Hier finden sich Stücke aus dem eigenen Kloster, religiöse Kunst portugiesischer Maler und Bildhauer sowie sakrale Schmuckstücke aus regionalen Goldschmieden. Sehr beindruckend finden wir eine Ausstellung auf den oberen Galerien über den Seitenaltaren der Kirche. Aus einer umfangreichen Privatsammlung der Familie Canha da Silva sind hier Hunderte von in- und ausländischen Krippen zu sehen. Diese wurden von unzähligen Künstlern in den verschiedensten Gestaltungen und Materialien hergestellt, sowohl in volkstümlicher als auch in künstlerischer Darstellung.

Nun geht es aber wieder unter Menschen… zum ,Praça do Giraldo’. Gotische Arkaden säumen den lang gestreckten Hauptplatz Évoras, zahlreiche Cafés und Restaurants haben Tische und Stühle ins Freie verlagert. Rund um den eleganten Renaissancebrunnen ,Fonte Henriquina’ herrscht eine fröhliche Geschäftigkeit. Bei Kaffee und Kuchen schauen wir dem regen Treiben gern eine Weile zu. Direkt hinter dem Brunnen bildet die Renaissancefassade der Kirche ,Santo Antão’ den Abschluss der Praça nach Nordwesten.