Fana

Etwas unsanft werden wir am nächsten Morgen geweckt. Es rumpelt, rumort und poltert sehr laut. Erst 7.00 Uhr. Nach einem Blick aus dem Fenster steht vor uns am Kai ein großes Schiff, feuerrot, obendrauf ein Bagger und belädt einen Lkw nach dem anderen mit Material für den Straßenbau. Das Entladen des Schiffes dauert bis mittags und anschließend, bei einem kleinen Plausch mit einem der Lkw-Fahrer, hören wir, dass es insgesamt 800 t für eine naheliegende Baustelle sind. Per Schiff wird das Material aus weiter Entfernung hierher gebracht und dann per Lkw nur noch kurze Strecken transportiert. Das macht natürlich Sinn.

Wir machen uns dann auf die Socken und überqueren, leider bei schlechter Sicht, den Bjørnafjord mit der Fähre. 

Haugesund

Der nächste Ort, den wir besuchen, ist Haugesund. Im 19. Jh noch ein kleines Fischerdorf setzte man nach Ausbleiben des Herings auf Schiffbau und Handel. Heute zählt die Stadt ca. 36.500 Einwohner und hat dennoch viele traditionelle weiße Holzbauten im Hafengebiet. Hier finden wir dann erstaunlicherweise ein Denkmal von Marilyn Monroe. Ihr Vater soll hier als Bäcker gelebt haben, bevor er in die USA auswanderte und es erinnert an ihre Wurzeln in dieser Region.

 Das Rathaus könnte auch in Italien stehen; es zeichnet sich durch charakteristische Säulen, Bögen und Kuppeln aus und spiegelt die starken Eindrücke der beiden Architekten wieder, die diese 1921 während einer Studienreise in Italien erhielten.

Karmøy & Avaldsnes

Der Karmsund, die Meerenge zwischen dem Festland und der Insel Karmøy ist der Weg nach Norden, Nordwegen genannt. Wir fahren über eine Brücke auf die Insel und in die Nähe von Avaldsnes, welches im 9. Jh Königssitz war. Avaldsnes war zur Wikingerzeit ein wichtiger Standort, weil König Harald Hårfagre (Schönhaar) von hier aus den Handel auf dem Nordwegen unter Kontrolle hatte.

Wo heute die Olavskirche steht, befand sich zu jenen Zeiten ein heidnischer Kultort mit einem Kreis aus Riesensteinen. Einer der zwei heute noch existierenden Bausteinen steht an der Nordseite des Frühromanischen Gotteshauses und ist als die „Nähnadel der Jungfrau Maria“ bekannt. Es heißt, dass der Tag des Jüngsten Gerichts ausbräche, sobald der Stein die Kirchenwand berührt. Einige Pfarrer sollen sogar die Spitze des Steines abgebrochen haben, um das zu verhindern. Als die Kirche 1250 erbaut wurde, ließ man die Wand schräg mauern, um eine Berührung zu vermeiden. Der jetzige Abstand zwischen Nähnadel und Kirche beträgt noch ganze 9,2 cm!

Skudeneshavn

An der südlichen Spitze von Karmøy liegt Skudeneshavn, Sommerstadt Norwegens 2004. Zur Besonderheit des rd. 200 Jahre alten Ortes, der als eine der schönsten Kleinstädte des Westens gilt, zählen die weißen Holzhäuser mit den Schnitzereien. Diese herrschaftliche Pracht entstammt der Zeit von Heringsfischerei und -handel. Die gepökelten Fische wurden von hier aus nach Holland und Russland exportiert. Auch die Hummerfischerei spielte eine große Rolle für die Blüte der Stadt. Beim Bummel durch die engen Gassen entdecken wir viele kleine liebenswerte Details.

Oberhalb des Hafens befindet sich ein Naturpark, der im Jahr 1900 gepflanzt wurde. Von der „Dame im Park“, einer Galionsfigur des Segelschiffes Concordia, werden wir am Eingang begrüßt. Etwas versteckter im Park finden wir einen Meteroitenstein (Mondstein genannt), der wohl vom Gletschereis genau an diese Stelle gebracht wurde. Sein Alter wird auf bis zu 800 Millionen Jahre geschätzt.

Ferkingstad

Wir machen uns dann auf den Rückweg und fahren an der Westküste von Karmoy in Richtung Haugesund. Am Ferkingstadhamn halten wir an und gehen dann einen Wanderweg zu einem Fischerdenkmal. Dieses hat man dort allen Fischern gesetzt, die vor dieser rauen Küste ums Leben gekommen sind. Die kleinen Fischerboote aus früheren Zeiten hatten den gewaltigen Wellen der Nordsee bei Sturm wenig entgegenzusetzen.

Åkrasanden

Einige Kilometer weiter dann feinsandiger Strand, am Åkrasanden, wo wir eine längere Pause einlegen. Zum Baden ist es allerdings ein bisschen zu kühl und zu windig.  Etwas später finden wir in Ognøya einen ruhigen Platz zum Übernachten und erleben einen wunderschönen Sonnenuntergang.

Ognøya

Tungenes Fyr 

Nach einer Fährfahrt über den Boknafjorden und zwei wirklich kilometerlangen Tunneln machen wir in Randaberg am Tungenes Fyr halt. Dies ist kein typischer, aber ein denkmalgeschützter Leuchtturm von 1862. Hier finden heutzutage Ausstellungen, Führungen, Konzerte und andere Kulturveranstaltungen in einer charakteristischen Küstenlandschaft statt. Wir genießen noch ein wenig die Stille und die Natur, denn danach steht Stavanger auf unserem Plan.

Stavanger

Kaum eine norwegische Stadt verbindet Altes und Modernes so gekonnt miteinander wie die Kulturhauptstadt 2008: Stavanger. Über 170 traditionelle, weiß gestrichene Holzhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert stehen in „Gamle Stavanger“. Die niedrigen, puppenstubenhaften Häuser stammen aus einer Zeit, in der die Einwohner noch vom Fang von Heringen und Sprotten lebten.

1969 eröffnete sich dann überraschend ein weiterer Wirtschaftszweig: Öl wurde vor der Küste entdeckt. In den folgenden Jahren entwickelte sich Stavanger zum Zentrum der Ölindustrie, die Tausende neuer Arbeitsplätze bot.Heute ist sie die viertgrößte Stadt Norwegens. Der mit dem schwarzen Gold verbundene Reichtum wurde zum Nutzen der Stadt nicht nur in den Bau neuer Betonburgen und Glaspaläste, sondern ebenso in die Restaurierung der alten Viertel gesteckt.

Wir bummeln durch die lebhafte Innenstadt, vorbei an farbenfrohen historischen Holzhäusern, in denen überwiegend Pubs, Cafés und Restaurants untergebracht sind. Dieses Viertel wird mittlerweile als „Stavanger Notting Hill“ bezeichnet. Dann gehen wir am Hafen entlang, an dem zahlreiche Boote und historische Schiffe liegen und landen vor dem modernsten Bauwerk mit einer imposanten Architektur, dem Ölmuseum.

Von Stavanger aus fahren sehr viele Ausflugsschiffe in den Lysefjord und zum Preikestolen. Als wir Stavanger verlassen, halten wir am Denkmal „Sverd i fjell“ an. Drei monumentale Schwerter stecken hier im Felsen und erinnern an die Schlacht, mit der König Harald Hårfagre am Ende des 9. Jahrhundert Norwegen zum Königreich vereinte. Vorher wurde es von einer Vielzahl von Kleinkönigen und Häuptlingen beherrscht.

Preikestolen

Eine Fähre bringt uns etwas später von Lauvvik nach Oanes, dann überqueren wir den Lysefjord und stehen am kleinen Hafen von Forsand zum Übernachten. Ein Paar aus Slowenien parkt mit einem VW-Campingbus ebenfalls hier, der Mann angelt und hat entweder sehr viel Glück oder sehr viel Geschick. Innerhalb einer Viertelstunde holt er 5-6 Makrelen aus dem Fjord. Wir bekommen 2 davon ab und unterhalten uns dann eine ganze Weile mit den Beiden. Sie kommen aus Ljubljana, sind ebenso wie wir sehr gerne in Norwegen unterwegs und wollen am nächsten Tag auf den Preikestolen. Genau wie wir auch.

Nach einem stärkenden Frühstück geht es los zum Parkplatz am Fuße des Preikestolen. Wanderschuhe an, Rucksack gepackt und dann bei schönstem Wetter los. Erst ist es ein einfacher Weg durch bewaldete Hügel, dann geht es über Steine, Felsen und Geröllfelder immer steiler nach oben. Es sind etliche Menschen mit dem gleichen Ziel auf dem Weg und wir sind nie allein. Zwischendurch geht es über Planken durch ein Sumpfgebiet und dann durch eine Schlucht mit zahlreichen Felsbrocken. Mittendrin dann auch wieder ein gutes Stück hinunter, um dann noch höher zu klettern.

Die größte Herausforderung kommt dann kurz bevor das Ziel in 604 Metern Höhe erreicht ist. Relativ dicht am Abgrund sind die letzten Meter auf das 25 mal 25 Meter große Plateau des „Predigerstuhls“ zurückzulegen. Für uns – mit Höhenangst – eine ziemliche Überwindung. Haben wir dann jedoch gemeistert und das Panorama, das sich uns bietet ist überwältigend. Unter diesem sensationellen Felsen der Lysefjord, flankiert von hohen Steilwänden und soweit das Auge reicht weiche Felsformationen, teils bewaldet.

Der Preikestolen zählt zu den meistbesuchten Naturdenkmälern des Landes und wir genießen mit vielen anderen an diesem Tag bei einem Picknick den wunderschönen Ausblick.