Gryllefjord – Andenes

Mit der Fähre von Gryllefjord steuerten wir dann Andenes auf den Vesterålen an. Bei strahlendem Sonnenschein machten wir uns gleich auf den Weg zum Bleikstranda. Dies ist ein 2,5 km langer, mit feinstem weißen Sand ausgestatteter Strand. Von hier hat man einen freien Blick auf den Bleiksøya, einem 160 m hohen Felsen im Meer. Im Sommer ist dieser Heimat von unzähligen Papageientauchern und auch einigen Seeadlern. Nur wenige Menschen teilten den schönen, weiten Strand mit uns. Es fiel uns schwer wieder einzupacken und nach Andenes zurückzufahren.

Bleik

In Andenes wollten wir zum allerersten Mal an einer Walsafari teilnehmen. Es wird immer empfohlen, diese 1-2 Tage im Voraus zu buchen, da die Walsafaris sehr gefragt sind. Wir schauten uns vor Ort die Wetterprognose an und entschieden uns für den übernächsten Tag. Wir waren voller Vorfreude – 100% Walgarantie (lt. Werbeaussage, ansonsten Geld zurück oder nochmalige Fahrt). Und so buchten wir unsere erste Walsafari.

Danach durchstreiften wir den kleinen Ort. In einer Bäckerei erstanden wir ein richtiges Roggenschwarzbrot -eine absolute Rarität hier. Anschließend suchten wir uns einen schönen einsam gelegenen Rastplatz und machten es uns gemütlich.

Nach lecker gegrilltem Fisch, am Tag zuvor selbst geangelt, bekamen wir spät abends noch Besuch von 4 Elchen. Diese zogen in einiger Entfernung an uns vorbei. 

Andenes

Am folgenden Tag beschäftigten wir uns intensiv mit dem Nordlicht bzw. mit dem Weltraum im Andoya Space Center, Norwegens einziges einsatzfähiges Raumfahrtzentrum. Zur Einführung sahen wir eine Dokumentation über die Raketen, die von hier aus gestartet werden. Diese senden vielerlei Daten an Radioteleskope weltweit. Unter anderem wird so weithin über das Phänomen „Nordlicht“ geforscht.

Nicht nur Norwegen selbst erforscht die Polarlichter und die zugrunde liegende Sonnenaktivität seit 1963. Auch die NASA hat hier eine eigene Raketenabschussbasis samt eigenem Kontrollraum und schickt sogar jeweils eigenes Personal. Auch die ESA und die Japaner schießen von hier aus Forschungsraketen ab. Unter kundiger Führung haben wir dann einen sehr interessanten und informativen Rundgang gemacht. Es wurde uns der Kontrollraum, der Abschussraum und sogar die Raketenabschussbasis gezeigt.

Im Andoya Space Center arbeiten viele Forscher und Studenten aus den unterschiedlichsten Ländern. Zuletzt wurde uns noch erklärt, dass in 2020 ein noch viel größeres Raketenabschusszentrum auf der gegenüberliegenden Seite von Andenes eröffnet wird. Von hier aus können Raketen mit bis zu 80 t Gewicht ins All geschossen werden. Diese sollen dann auch Satelliten ins All schießen. Es entstehen ca. 315 weitere Arbeitsplätze und auch dieses Zentrum wird international genutzt werden.

Die Abschusstermine werden generell nicht angekündigt bzw. bekannt gegeben, da man keine Schaulustigen in der näheren Umgebung haben möchte. Bei einem vorgesehenen Abschuss wird das ganze Gebiet weiträumig evakuiert. Für August 2019 ist der nächste Start geplant.

Andoya Space Center

Wir starteten am nächsten Tag mit den Vorbereitungen zur Walsafari: warme Kleidung, Regenzeug, festes Schuhwerk sowie Essen und Trinken. Dann machten wir uns bei leider bedecktem Himmel auf und wurden mit einer Führung im Wal-Museum auf das Erlebnis vorbereitet. Wir erhielten eine Menge Informationen über die Wale und ihr Leben. Die Walsafariführer/ -innen sind wechselnde Forscher und Studierende aus vielen Ländern. Unsere Führerin hieß Svenja, stammt aus Bremen und studiert Meeresbiologie.

Die einzigartige geologische Lage und die Nähe zum Golfstrom macht die Vesterålen zu einem der besten Orte der Welt, um dort rund ums Jahr Wale zu beobachten. Nirgendwo sonst reicht in Norwegen die steil abfallende Kontinentalschrägung so nah ans Land heran. Nur wenige Kilometer vor Andenes geht es abrupt 1.000 m in die Tiefe hinab. Somit gibt es hier für Pottwale ein riesiges Nahrungsangebot und eine sehr große Chance, sie zu sehen. Pottwale zählen zu den Zahnwalen und werden bis zu 80 Jahre alt, männliche bis zu 20 m lang und 57 t schwer, weibliche bis 12 m und 20 t. Sie ernähren sich überwiegend von Kalmaren, die nur in diesen Wassertiefen leben. Das größte je gefundene Exemplar hatte eine Gesamtlänge von 18 m und ein Gewicht von ca. 1 t. – das würde dann den Tagesbedarf eines Wales abdecken. 

Endlich ging es los! Wir bestiegen das Boot und erhielten unter Deck Sicherheitsanweisungen und Informationen, wie sich im Notfall zu verhalten wäre. Dann nahm das Boot sehr schnell Fahrt auf. Wir gingen an Deck, inzwischen nieselte es, als nach wenigen Minuten die Fahrt des Bootes gedrosselt wurde und einige Stimmen „Orcas! Orcas!“ riefen.

Und da waren sie wirklich – ca. 40-50 m entfernt glitten erst 2, 3 schließlich 5 Orcas im Verbund durch das Wasser. Welch ein phantastischer Moment! Wir konnten sie ca. 5 Minuten beobachten, bevor sie wegtauchten. Orcas in dieser Jahreszeit hier zu sichten ist sehr, sehr selten. Der Winter ist die bevorzugte Zeit in dieser Region. Orcas gehören zu den schnellsten Schwimmern des Meeres. Fleckenmuster und Rückenflosse sind bei jedem Exemplar einzigartig, wie bei uns die Fingerabdrücke. Die Rückenflosse eines männlichen Exemplars kann bis zu 2 m in die Höhe ragen. Wir freuten uns sehr, dieses Erlebnis gehabt zu haben und weiter ging die rasante Fahrt. 

Durch Echolot ist es möglich, Pottwale ausfindig zu machen. Die Wale können Klicklaute im Kopf produzieren, um sich unter Wasser zu orientieren und Beute zu finden. Der Pottwal sieht und hört nämlich ziemlich schlecht. Diese Klicklaute können bis zu 245 db (im Vergleich 160 db ein Düsenjäger) laut sein!

Kapitän Glen hielt das Boot an – hier sollte ein Pottwal geortet worden sein – und nun warteten alle sehr gespannt und schauten auf das weite Meer. Alle Augen suchten rund um das Boot. Es war verhältnismäßig leise, bis plötzlich der Ruf ertönte: „Wal gesichtet – Wal!“. Und dann ein unvergessliches Erlebnis, wie der riesige Walkörper an die Wasseroberfläche kommt und die Fontäne raus bläst, um Luft zu holen. Dieses passierte mehrmals hintereinander… einfach majestätisch! Jeder versuchte so viel wie möglich mitzubekommen. Alle standen nun auf einer Seite des Bootes, obwohl unsere Führerin vorher sagte: „Nicht alle auf eine Seite stürmen – wegen Schlagseite!“ Alles vergessen für diesen Moment! Nach ca. 10 Min. tauchte der Wal dann wieder ab und zeigte uns seine imposante Walflosse. Das Abtauchen wurde von den erfahrenen WalführerInnen mit dem Ruf: „diving“ angekündigt. Die Walflosse ist bei jedem Wal einzigartig, wie ein Fingerabdruck bei uns Menschen. Wir hatten also unseren ersten Pottwal beobachten können – ein phänomenales Naturschauspiel, das wir garantiert nicht wieder vergessen werden.

Das Boot fuhr wieder an, kreiste um ein kleines Gebiet, um dann nach ca. 20 Min. wieder zu stoppen. Wieder ertönte „Wal gesichtet“ Wal, Wal!“ Wir erlebten das ganze Spektakel ein weiteres Mal und konnten es gar nicht fassen: erst 5 Orcas und dann 2 Pottwalbeobachtungen. Später auf dem Boot erfuhren wir dann, das es sich 2x um den Pottwal „Glen“ handelte. Benannt von dem  Vater des jetzigen Kapitän Glen nach seinem Sohn, als der den Wal vor 25 Jahren das erste Mal gesehen hatte. Wal Glen hält sich seit dieser Zeit regelmäßig um Andenes auf. Erkennen kann man ihn an der Walflosse, die links 2 Wellen, rechts 1 Welle aufweist und an einem hellen Fleck auf dem Rücken – vermutlich von einer Schiffsschraube. Anschließend ging es auf direktem Wege nach Andenes, wo schon die nächste Gruppe auf ihre Walsafari wartete. Ob sie wohl auch so viel Glück hatten wie wir?

Walsafari

Wir machten uns dann auf den Weg – Andenes ist auf der Inselkette der Vesterålen der nördlichste Ort. Diese erstreckt sich vor der Küste von Troms über 150 km und geht im Süden nahtlos in den Lofoten-Archipel über – als Trennungslinie gilt der schmale Raftsund. Hauptinseln sind Hinnøya, Langøya und Andøya. Rund 35.000 Menschen leben in einer Landschaft die alles zu bieten hat: kultivierte Flächen entlang der Küste, eine wilde Berglandschaft, Flüsse und Seen, felsige, schroffe Küsten, Buchten mit Sandstränden, Fjorde und Schären. Im Mittelalter trieben die Wikinger Handel mit Stockfisch – auch heute noch ein wichtiger Wirtschaftszweig.

Sortland z.B. zählt zu den Gemeinden mit den höchsten Einkommen pro Einwohner in Norwegen. Dies erfuhren wir von einem Ehepaar aus Düsseldorf, das seit 8 Jahren ausschließlich im Wohnmobil lebt und die Welt bereist – und mit dem wir uns ein wenig unterhielten. Man nennt Sortland auch die „blaue Stadt“, da hier sehr viele Häuser und öffentliche Gebäude in dieser Farbe gestrichen sind. Dies geht auf die Initiative eines regionalen Künstlers zurück, der die Stadt interessanter machen wollte. In Sortland lernten wir „Lefse“ kennen – eine norwegische Spezialität – bestehend aus dünnem Teig, gefüllt mit den unterschiedlichsten süßen Köstlichkeiten. Das werden wir zuhause unbedingt mal backen – sehr lecker!

Sortland

Wenig später waren wir in Stokmarknes – ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig entstand hier im Jahr 1893 – Vesterålen Dampskipselskap „die Hurtigrute“. Dies war die erste wöchentliche Schnellverbindung zwischen Trondheim und Hammerfest und somit eine wichtige Anbindung an das Festland, um den Handel und die Versorgung zu gewährleisten. Im Hurtig Rutens Hus besuchten wir das sehr spannende und aussagekräftige Museum, in dem die gesamte Geschichte und sämtliche, unter den Hurtigruten fahrenden Schiffe, aufgezeichnet bzw. dargestellt sind. Die „MS Finnmarken“ steht dort aufgebockt am Museum und kann zur Zeit leider nicht besichtigt werden, da gerade ein neues Gebäude aus Glas um sie herum gebaut wird. 

Stokmarknes

Hurtigruten Museum

Wenige Autominuten weiter entlang der schönen Küste der Insel Hadseløya erwartete uns schon die Fähre in Melbu. Dies war die letztes Station auf den Vesterålen und nun ging es in 25 Min. über der Fjord nach Fiskebøl.

… und unsere Blicke gingen jetzt in Richtung Lofoten.

Melbu